Geschäftsveräußerung im Ganzen: Wann ein sofortiger Weiterverkauf unschädlich ist

Für Geschäftsveräußerungen ist im Umsatzsteuerrecht eine Vereinfachungsregelung vorgesehen: Sogenannte Geschäftsveräußerungen im Ganzen unterliegen nicht der Umsatzsteuerpflicht – die gesamte Übertragung ist dann umsatzsteuerlich irrelevant.

Beispiel: A verkauft seinen Handwerksbetrieb einschließlich der Maschinen, des Materials usw. an B. B beabsichtigt, das Geschäft fortzuführen. A wird nicht mehr unternehmerisch tätig. A und B vereinbaren einen Kaufpreis von 100.000 EUR.

Eigentlich müsste A eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellen und darin die einzelnen Gegenstände des Inventars (Maschinen, Material usw.) aufführen. Die Veräußerung des Handwerksbetriebs erfüllt jedoch die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen, da A sein gesamtes Unternehmen verkauft.

Daher muss und darf A keine Rechnung ausstellen. B tritt quasi an seine Stelle und übernimmt das Unternehmen mit allen umsatzsteuerlichen Rechten und Pflichten (sog. Fußstapfentheorie).

Würde A aus dem Beispiel trotzdem eine Rechnung ausstellen, hätte dies steuerlich ungünstige Folgen. Die korrekte rechtliche Einordnung des Vorgangs ist daher sehr wichtig. Finanzämter und Unternehmen streiten sich immer wieder über die Frage, ob bzw. wann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich darüber entschieden, ob auch dann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen kann, wenn der Erwerber das Unternehmen gleich weiterverkauft. Dies hat der BFH bejaht. Somit liegt im Beispiel zwischen A und B eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, selbst wenn B den Handelsbetrieb sofort an den dritten Unternehmer C weiterverkauft. Voraussetzung ist allerdings, dass C das Unternehmen fortführt.

Außerdem muss B das Unternehmen in seiner Gesamtheit weiterverkaufen. Würde B beispielsweise die Maschinen für sich behalten und nur das Material an C verkaufen, würde es sich nicht mehr um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handeln. Denn dann würde nicht dasselbe Unternehmen von B an C veräußert und durch C fortgeführt, das A ursprünglich an B verkauft hat.

Sponsoring: Wann ein freiwilliger Förderbeitrag der Umsatzsteuer unterliegt

Wenn man ein teures Hobby hat, sucht man sich am besten einen zahlungskräftigen Sponsor. Das dachte sich auch der Kläger in einem Verfahren vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG). Neben seiner Tätigkeit als Unternehmensberater war er nämlich auch großer Anhänger des Oldtimer-Automobilsports und engagierte sich bereits seit Jahren in diesem Bereich. Unter anderem versuchte er, interessierte Kollegen über die Durchführung von Stammtischen und Oldtimer-Ausfahrten für sein Hobby zu begeistern.

Im Jahr 2007 wurde eine Gesellschaft auf den Oldtimer-Fan aufmerksam. Diese war gegründet worden, um entwicklungsfähige Reisetrends in Europa zu fördern. Sie schloss mit dem Kläger einen Vertrag, in dem sich Letzterer verpflichtete, als Berater für die Gesellschaft tätig zu werden. Zur Beratung gehörte insbesondere die Weiterführung der Entwicklung neuer und aussichtsreicher Reisetrends (insbesondere Reisen auf Nebenstrecken für Cabrios und Oldtimer) in Europa. Die Gesellschaft zahlte ihm einen freiwilligen Förderbeitrag von monatlich 2.500 EUR. Der Kläger versteuerte den Förderbetrag nicht bei der Umsatzsteuer. Zur Begründung führte er unter anderem an, lediglich hobbymäßig gegenüber der Gesellschaft tätig geworden zu sein.

Doch das FG ging von einem Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und der Gesellschaft aus. Den freiwillig gezahlten Förderbeitrag stufte es als Entgelt im Sinne der Umsatzsteuer und damit als steuerpflichtig ein. Auf die Freiwilligkeit kam es dabei nicht an. Die Zahlung ließ sich auch nicht als Sponsoring verstehen. Denn als Sponsoring gilt nur die Gewährung von Geld oder geldwerten  Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen, sozialen, ökologischen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen. Die Zahlungen der Gesellschaft dienten aber nicht der allgemeinen Förderung des Klägers in einem bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereich, sondern bildeten den Gegenwert für seine vertraglich vereinbarte Leistung.

Millionenschenkung: Kunstsammlung bleibt von Schenkungsteuer befreit

Nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz können Kunstsammlungen unter folgenden Voraussetzungen steuerfrei vererbt bzw. verschenkt werden:

  • Die Steuerbefreiung beträgt 60 %, wenn die Erhaltung der Gegenstände wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten in der Regel höher sind als die erzielten Einnahmen und die Gegenstände der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht werden.
  • Die Steuerbefreiung beträgt 100 %, wenn der Erwerber zusätzlich bereit ist, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen und sie sich seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz befinden (oder alternativ im Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder national wertvoller Archive eingetragen sind).

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ist es dem Sohn eines Kunstsammlers gelungen, für viele Gemälde seiner schenkweise erhaltenen Kunstsammlung im Gesamtwert von 9,7 Mio. EUR die 100%ige Steuerbefreiung zu erlangen.

In der Vorinstanz hatte das Finanzgericht Münster zunächst nur die 60%ige Befreiung gewährt, weil es nicht die Bereitschaft des Sohnes erkannt hatte, die Sammlung den Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen. Maßgeblich war für die Finanzrichter, dass der Sohn im zeitlichen Zusammenhang mit der Schenkung keine entsprechende schriftliche Meldung an die untere Denkmalbehörde abgegeben hatte.

Der BFH erklärte jedoch, dass eine Mitteilung an die Denkmalbehörde nicht zwingend erforderlich ist. Die Bereitschaft, die Sammlung den Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen, ergab sich nach Ansicht der Bundesrichter bereits daraus, dass der Sohn drei Monate nach der Schenkung einen zehnjährigen Kooperationsvertrag mit einer Stiftung abgeschlossen hatte, wonach ihr ein jederzeitiges Zugriffsrecht auf die Sammlung eingeräumt worden war. Hinzu kam, dass der Sohn bereits in seiner Schenkungsteuererklärung dargelegt hatte, dass er seine Sammlung  konservatorisch einwandfrei behandeln werde.

Hinweis: Um die vollständige Steuerbefreiung für eine Kunstsammlung zu erhalten, kann also der Abschluss eines Leih- und Kooperationsvertrags mit einem Museum bzw. einer Stiftung genügen. Auf Nummer sicher geht jedoch, wer zeitnah gegenüber der zuständigen Denkmalbehörde erklärt, dass er die Vorschriften des landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzes zur Denkmalspflege einhält.

Gewerbliche Abfärbung: Keine Bagatellgrenze bei Beteiligung an gewerblichem Unternehmen

Wie Sie sicher schon gehört haben, wird die von einem Einzelunternehmen bzw. einer Personengesellschaft gezahlte Gewerbesteuer teilweise oder sogar vollständig auf die Einkommensteuerschuld des Unternehmers bzw. Gesellschafters aus Gewerbebetrieb angerechnet.

Als Daumenregel gilt, dass bis zu einem Gewerbesteuerhebesatz von ca. 400 % eine komplette Anrechnung möglich ist.

Für den einen oder anderen dürfte es dagegen neu sein, dass in manchen Konstellationen auch auf Vermietungseinkünfte von Personengesellschaften Gewerbesteuer fällig wird. Das ist dann der Fall, wenn gewerbliche Einkünfte auf die Vermietungseinkünfte „abfärben“. Zwar gibt es hierbei eine Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft bzw. maximal 24.500 EUR. Haben die gewerblichen Umsätze also nur einen ganz geringen Umfang, färbt die Gewerblichkeit doch nicht ab. Diese Grenze greift jedoch nicht in jedem Fall, wie das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) entschieden hat.

Im Streitfall erzielte eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft Vermietungseinkünfte – war also eigentlich nicht gewerblich tätig. Als Beteiligung hatte einer der Komplementäre allerdings zwei Flugzeugleasingfonds ins Betriebsvermögen eingelegt. Diese hatten ihre originär gewerbliche Tätigkeit zwar bereits beendet, befanden sich in Liquidation und hatten einen Verlust für die Streitjahre zu verbuchen. Dennoch stellte das FG eine Abfärbung der Gewerblichkeit auf die Vermietungseinkünfte fest.

Der Grund, weshalb die Bagatellgrenze in diesem Fall nicht griff, lag in der Beteiligung. Gewerbliche Einkünfte färben entweder dann auf andere Einkünfte ab, wenn neben der Vermietung eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird oder wenn eine Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen vorliegt. Nur im ersten Fall jedoch greift die Bagatellgrenze – im zweiten Fall reicht schon ein Verlust für die Abfärbung aus.

 

Einheitliches Vertragswerk: Ohne konkretes Angebot keine Erhöhung der Grunderwerbsteuer

Planen Sie, ein Haus für eigene Wohnzwecke oder zur Vermietung zu bauen? Und haben Sie bereits überlegt, ob Sie alles (Grundstück, Gebäude, Innenausbau und Außenanlagen) aus einer Hand erhalten, eigene Handwerker beschäftigen oder selbst Hand anlegen wollen? Bei diesem Planungsschritt sollten Sie sich jedenfalls an diesen Artikel erinnern. Denn Grunderwerbsteuer wird nicht bloß für das unbebaute Grundstück fällig. Sofern ein Haus darauf steht oder zumindest fertig geplant ist, beeinflusst auch dessen Kaufpreis die Bemessungsgrundlage – und auf die fallen derzeit je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5 % Grunderwerbsteuer an.

Bei solchen Summen kann man sich durchaus mal mit dem Finanzamt darüber streiten, was in die Bemessungsgrundlage hineingehört und was nicht. Die Faustregel lautet: Wenn man ein Objekt aus einer Hand erwirbt (das kann auch bei der Beauftragung unterschiedlicher Baufirmen der Fall sein) und das Ob und Wie des geplanten Hauses nach dem Kauf nicht mehr wesentlich verändern kann, dann hat man ein „einheitliches Vertragswerk“. Dessen Elemente werden dann einheitlich in die Bemessungsgrundlage zur Grunderwerbsteuer einbezogen.

Wie nun das Finanzgericht Düsseldorf (FG) entschieden hat, kann so ein einheitliches Vertragswerk auch gesplittet werden. Im Streitfall hatte die Klägerin Gebäude und Grundstück zwar aus einer Hand erworben – nicht geplant und daher auch nicht konkret angeboten war dabei aber der Innenausbau. Die Werte im Angebot waren lediglich geschätzt und als ausführend überall die Stammfirmen angegeben. Bei Abschluss des Kaufvertrags gab es auch keine entsprechenden Aufträge.

Damit fehlten nach Auffassung des FG die wesentlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung der Innenausbaukosten in das einheitliche Vertragswerk und für die Berücksichtigung bei der Grunderwerbsteuer. Die Käuferin kam daher noch einmal „mit einem blauen Auge“ davon.

Nichtabgabe von Steuererklärungen: Landesamt fasst Regeln für Schätzungen zusammen

Wer beim Finanzamt keine Steuererklärungen einreicht, muss mit der Schätzung seiner Besteuerungsgrundlagen rechnen. In einer neuen Verfügung hat das Bayerische Landesamt für Steuern nun zusammengefasst, welche Regeln die Finanzämter bei ihren schätzweisen Berechnungen beachten sollten. Danach gilt:

  • Ziel einer Schätzung ist es, die Besteuerungsgrundlagen mit der größten Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit zu ermitteln.
  • In sogenannten Dauerschätzfällen, in denen Bürger die festgesetzte Steuer aus einer Vorjahresschätzung gezahlt haben, sollen die Finanzämter bei der aktuellen Schätzung regelmäßig von höheren Besteuerungsgrundlagen ausgehen.
  • Schätzungen sind kein Druckmittel, um den Steuerbürger zur Erklärungsabgabe zu veranlassen; hierfür sollen die Finanzämter auf Verspätungszuschläge und Zwangsgelder zurückgreifen.
  • Im Rahmen einer Schätzung müssen die Finanzämter unter anderem ihre Erkenntnisse aus den Vorjahren, Kontroll- und Veräußerungsmitteilungen sowie Gewerbean- und -Abmeldungen berücksichtigen. Zudem müssen sie sämtliche Daten in die Schätzung einbeziehen, die ihnen bereits in elektronischer Form vorliegen (z.B. Lohnsteuerbescheinigungen, Rentenbezugsmitteilungen).
  • Schätzungsbescheide sollen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen werden, so dass die Finanzämter spätere Erkenntnisse nachträglich noch in der Steuerfestsetzung berücksichtigen können.
  • Legt ein Bürger gegen einen Schätzungsbescheid Einspruch ein, ohne gleichzeitig die entsprechende Steuererklärung nachzureichen, sollen die Finanzämter grundsätzlich weder eine Aussetzung der Vollziehung noch einen Vollstreckungsaufschub gewähren.
  • Bei der Schätzung der Umsatzsteuer sollen sich die Finanzämter an den vorangemeldeten Umsätzen in den Voranmeldungszeiträumen orientieren und dabei einen angemessenen Sicherheitszuschlag einrechnen. Auch Vorsteuerbeträge können dementsprechend geschätzt werden.

Kassenbuchführung: Mangelnde Ordnungsmäßigkeit führt zu weitreichenden Hinzuschätzungen

Als Unternehmer im Gastronomiegewerbe haben Sie täglich mit Bargeld zu tun. Eine ordnungsgemäße Kassen- und Buchführung ist daher schon aus wirtschaftlichen Gründen wichtig. Genaues Arbeiten und Dokumentieren ist jedoch aufwendig und wird mitunter vernachlässigt – was bei Betriebsprüfungen häufig zu den gefürchteten Hinzuschätzungen durch das Finanzamt führt.

Wie weit eine solche Hinzuschätzung reichen kann, musste kürzlich ein Dönerimbissbetreiber erfahren: Nach einem entsprechenden Hinweis hatte die Steuerfahndung festgestellt, dass er nicht nur keine ordnungsgemäße Kassenbuchführung vorweisen konnte, sondern auch seine Kassen manipuliert und die Hälfte seiner Einnahmen und Ausgaben verschwiegen hatte.

Ist die Kassenbuchführung nicht ordnungsgemäß, kann auch das steuerliche Ergebnis nicht stimmen. Das Finanzamt hat in einem solchen Fall das Recht, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Die Hinzuschätzungen reichten bei dem Hamburger Imbissbetreiber so weit, dass die Erkenntnisse der Steuerfahndung auch auf vergangene Jahre übertragen wurden. Das Finanzamt erhöhte rückwirkend den Gewinn aus Gewerbebetrieb für die vier geprüften Jahre erheblich. Entsprechend stieg auch die zu zahlende Einkommensteuer.

Den Einwand des Imbissbetreibers, dass die Hinzuschätzungen in Anbetracht eines in den vergangenen Jahren ausgebrochenen Preiskampfs – in der Branche auch als Dönerkrieg bezeichnet – übertrieben waren, ließ das Finanzgericht Hamburg nicht gelten. Einerseits bezweifelten die Richter das Vorhandensein eines solchen Dönerkriegs und andererseits verwiesen sie darauf, dass das Finanzamt noch wesentlich höher hätte schätzen können.

Hinweis: Ab 2017 gelten für elektronische Kassensysteme neue Regeln. Gern informieren wir Sie über die rechtlichen und technischen Neuerungen für die Kassenbuchführung.

Werbungskosten: Firmenwagen kann jedes Jahr eine „neue Tatsache“ sein

Beruflich veranlasste Fahrtkosten können als Werbungskosten die Steuerlast mindern. Das zumindest verdeutlichen wir regelmäßig in den Mandanten-Informationen. Es gibt jedoch eine Einschränkung bei dieser Regelmäßigkeit: Wird ein Firmenfahrzeug genutzt, fallen üblicherweise keine Kosten an – ergo können auch keine Werbungskosten vorliegen.

Ganz Schwierig wird es, wenn das Finanzamt eigentlich weiß, dass ein Firmenfahrzeug vorhanden ist, die Steuererklärung mit den beantragten Fahrtkosten als Werbungskosten jedoch akzeptiert und den Arbeitnehmer damit falsch veranlagt. So erging es einem Bauleiter aus Sachsen-Anhalt. Für 2007 hatte er sowohl ein Firmenfahrzeug als auch Fahrtkosten erklärt (die jedoch unberücksichtigt geblieben waren) und für die Jahre 2008 und 2009 nur noch Fahrtkosten. In den Steuerbescheiden für die beiden späteren Jahre wurden die Fahrtkosten als Werbungskosten akzeptiert. Erst als das Finanzamt bei einer Lohnsteueraußenprüfung beim Arbeitgeber des Bauleiters vom Firmenfahrzeug erfuhr, änderte es die Einkommensteuerbescheide für 2008 und 2009 rückwirkend.

Strittig war im Anschluss nicht der Umstand, dass die Fahrtkosten zu Unrecht als Werbungskosten berücksichtigt worden waren. Strittig war die Rechtmäßigkeit der Änderung. Denn das Finanzamt hatte die Einkommensteuerbescheide wegen des nachträglichen Bekanntwerdens einer neuen Tatsache geändert. Konnten sich die Finanzbeamten aber wirklich auf eine neue Tatsache berufen, wo der Bauleiter das Firmenfahrzeug doch schon 2007 erwähnt hatte?

Nach Ansicht des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt konnten sie das. Die Einkommensteuer ist nämlich eine Jahressteuer und die Veranlagung erfolgt zu jedem Abschnitt separat – also jedes Jahr neu. Ob das Firmenfahrzeug 2007 bekannt war, interessiert nur für den Abschnitt 2007. 2008 und 2009 konnte das Firmenfahrzeug demnach durchaus wieder unbekannt sein. Damit eröffnete sich dem Finanzamt auch die Möglichkeit, die Einkommensteuerbescheide über das „nachträgliche Bekanntwerden“ zu ändern.

Steuerhinterziehung: Kann man mit einer Selbstanzeige die Ermittlungen der Steuerfahndung verkürzen?

Einkommensteuerbescheide können nach Ablauf der sogenannten Festsetzungsfrist nicht mehr geändert werden (Festsetzungsverjährung). Diese Frist beträgt normalerweise vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wurde. Sie Frist verlängert sich aber auf zehn Jahre, wenn der Steuerzahler in eine Steuerstraftat verwickelt ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann gehemmt werden, zum Beispiel im Fall einer Selbstanzeige oder einer Steuerfahndung, um dem Finanzamt genügend Zeit zu geben, die entsprechende Steuer festzusetzen.

Die Ablaufhemmung beträgt bei Selbstanzeige ein Jahr: Die Finanzbehörde hat also ein Jahr mehr Zeit, um einen neuen Steuerbescheid zu erlassen. Ermittelt die Steuerfahndung auf eigenen Verdacht hin, bekommt sie so viel Zeit wie nötig, um die korrekten Besteuerungsgrundlagen herauszufinden. Dazu muss sie allerdings rechtzeitig vor Ablauf der Festsetzungsfrist aktiv werden.

Das Finanzgericht München (FG) musste nun darüber entscheiden, inwieweit die Vorschriften zur Ablaufhemmung aufgrund einer Steuerfahndung mit denen zur Ablaufhemmung bei Selbstanzeige konkurrieren.

Die Steuerfahndung hatte 2007 aufgrund einer „Steuer-CD“ erfahren, dass ein Ehepaar Kapitaleinkünfte aus Vermögensanlagen bei der L-Bank ab 1996 nicht versteuert hatte. 2008 wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Fast zeitgleich erstattete das Ehepaar Selbstanzeige beim Finanzamt und erklärte für 1996 und 1997 die Einkünfte von der L-Bank sowie weitere Einkünfte einer S-Bank nach. Die Festsetzungsfrist der Steuerbescheide für 1996 und 1997 wäre Ende 2008 abgelaufen, weil beide im Jahr 1998 ergangen waren.

Im Jahr 2010 erließ das Finanzamt geänderte Bescheide und unterwarf darin sowohl die Kapitaleinkünfte von der L-Bank als auch die von der S-Bank der Einkommensteuer. Die Einkünfte aus den Vermögensanlagen bei der S-Bank übernahm es dabei ungeprüft. Das Ehepaar legte Einspruch gegen die Bescheide ein mit der Begründung, dass die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen wäre. Strittig war insbesondere die Frage, ob die Steuerbehörden rechtzeitig mit den Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung begonnen hatten oder ob das Ehepaar ihnen mit seiner Selbstanzeige zuvorgekommen war.

Das FG gab dem Ehepaar teilweise recht:

  • Für die selbst nacherklärten Einkünfte von der S-Bank hat das Finanzamt mit dem Erlass des geänderten Bescheids in 2010 die um ein Jahr verlängerte Frist aus der Ablaufhemmung versäumt. Daher dürfen diese Einkünfte, die nicht Gegenstand der Steuerfahndung waren, nicht nachversteuert werden, da für sie bereits die Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
  • Anders sieht es bei den Einkünften von der L-Bank aus. Hier hatten die Steuerfahnder rechtzeitig vor Ablauf der zehnjährigen Festsetzungsfrist mit den Ermittlungsmaßnahmen begonnen und damit den Ablauf der Frist wirksam gehemmt. Für diese Einkünfte war die Frist 2010 also noch nicht abgelaufen, so dass sie vom Finanzamt nachversteuert werden konnten.

Die Ablaufhemmung aufgrund der Steuerfahndung konnte also nicht von der Ablaufhemmung aufgrund der Selbstanzeige verdrängt werden.

Hinweis: Diese Entscheidung ist allerdings vorläufig. Der Fall muss abschließend noch durch den Bundesfinanzhof (BFH) geklärt werden. Haben Sie in einem ähnlichen Fall beim Finanzamt Einspruch eingelegt, können Sie auf das anhängige Verfahren hinweisen und beantragen, dass vor einer Entscheidung in Ihrem Fall das BFH-Urteil abgewartet wird.

Lohnt sich die Einreichung von Arztrechnungen an die private Krankenversicherung und damit der Verzicht auf die Beitragsrückerstattung steuerlich?

Selbst getragene Krankheitskosten des Steuerpflichtigen sind den außergewöhnlichen Belastungen und nicht den Sonderausgaben zuzuordnen. Daher sind Beitragsrückerstattungen nicht um selbst übernommene Aufwendungen zu kürzen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.01.2016 – 6 K 864/15; Revision anhängig).

Sachverhalt: Der Kläger ist privat krankenversichert. Für das Streitjahr 2012 erklärte der Kläger selbst getragene Aufwendungen für Krankheitskosten. Um die Rückerstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu erlangen sei Voraussetzung, dass kein Aufwand geltend gemacht werde; somit seien die Beitragsrückerstattungen um die selbst übernommenen Aufwendungen zu kürzen. Der Kläger machte keine außergewöhnlichen Belastungen geltend. Dieser Auffassung widersprach das beklagte FA und minderte die abziehbaren Versicherungsbeiträge um die ungekürzten Krankenversicherungsbeitragsrückerstattungen. Die Krankheitskosten, die zu der Beitragsrückerstattung in 2013 geführt hätten, seien im Sinne des § 11 Abs. 2 EStG bereits 2012 abgeflossen. Diese Kosten seien im Jahr der Zahlung als Krankheitskosten, nicht aber im Streitjahr als Minderung der Beitragsrückerstattung beim Sonderausgabenabzug und somit letztlich als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Zudem sei dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG zu entnehmen, dass nur Ausgaben zu den Beiträgen zu Krankenversicherungen gehören könnten, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden. Selbst getragene Krankheitskosten seien dagegen keine Gegenleistung für die Erlangung von Krankenversicherungsschutz. Dieser Auffassung folgt das FG.

Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:

  • Die selbst getragenen Krankheitskosten des Klägers sind gemäß der Konzeption des EStG den außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG) und nicht den Sonderausgaben zuzuordnen.
  • Die Folge der vom Kläger begehrten Verrechnung wäre, dass die Krankheitskosten letztlich als Sonderausgaben abgezogen werden würden. Dies widerspricht sowohl dem Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG („Beiträge“) als auch der Grundentscheidung des Gesetzgebers, Krankheitskosten lediglich im Rahmen des § 33 EStG, verbunden mit einer zumutbaren Belastung, steuerlich zu berücksichtigen.
  • Die vom Kläger vorgetragene steuerliche Gleichbehandlung zweier ungleicher Sachverhalte (zwei Steuerpflichtige erhalten Beitragsrückerstattungen, wobei nur bei einem Krankheitskosten anfielen) resultiert nur mittelbar aus dem Umstand, dass die Beitragsrückerstattung nicht um die selbst getragenen Krankheitskosten gekürzt wird; unmittelbar bedingt dies die Regelung des § 33 Abs. 1 EStG , wonach die Krankheitskosten nur insoweit abziehbar sind, als sie die zumutbare Belastung des § 33 Abs. 3 EStG übersteigen.