Beiträge

Fahrten zur Arbeit: Finanzämter erkennen Unfallkosten neben der Pendlerpauschale an

Es gibt nur wenige Rechtsfragen, in denen die Finanzämter eine steuerzahlerfreundlichere Position vertreten als der Bundesfinanzhof (BFH). Hierzu gehört die Frage nach der Absetzbarkeit von Unfallkosten, die Arbeitnehmern auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entstehen.

Der BFH vertritt seit 2014 die Auffassung, dass durch den Ansatz der Entfernungspauschale für die Pendelfahrten zur Arbeit auch außergewöhnliche Kosten abgegolten sind, so dass Arbeitnehmer ihre Unfallkosten für diese Fahrten nicht zusätzlich steuerlich abziehen dürfen.

Für die Finanzämter gilt hingegen bis heute ein Erlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus dem Jahr 2013, wonach Unfallkosten ausdrücklich neben der Entfernungspauschale als allgemeine Werbungskosten abziehbar sind.

Hinweis: In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus Mai 2016 hat der Parlamentarische Staatssekretär im BMF, Dr. Michael Meister, noch einmal diese steuerzahlerfreundliche Billigkeitsregelung bestätigt. Ein Kostenabzug ist demnach aber nur zulässig, wenn der Unfall auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, auf einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs oder zur Abholung von Mitfahrern einer Fahrgemeinschaft geschehen ist und der Arbeitnehmer dabei nicht unter Alkoholeinfluss gestanden hat.

Arbeitnehmer sollten beachten, dass sie nur ihre selbst getragenen Unfallkosten als Werbungskosten abrechnen können – Versicherungserstattungen mindern den abziehbaren Aufwand. Steuerlich anerkannt werden beispielsweise selbst getragene Abschlepp- und Reparaturkosten. Im Falle eines Totalschadens erkennen die Finanzämter aber nur den verbleibenden buchungsmäßigen Restwert des Pkws als Werbungskosten an.

Hinweis: Sofern der Unfall während einer steuerlichen Auswärtstätigkeit (Dienstreise) des Arbeitnehmers geschehen ist, dürfen die Kosten ebenfalls als Werbungskosten abgezogen werden. In diesem Fall erkennt auch der BFH den steuerlichen Kostenabzug an.

Vermietung: Nicht kostendeckende Vermietung führt zu verdeckter Gewinnausschüttung

Bekanntlich können Kosten eines privat genutzten Eigenheims steuerlich kaum geltend gemacht werden, während ein Vermieter nahezu sämtliche Kosten – inklusive Gebäudeabschreibung – von der Steuer absetzen kann.

Diesen Umstand wollte sich ein Kläger zunutze machen, indem er das privat genutzte Einfamilienhaus von einer GmbH kaufen ließ, deren alleiniger Gesellschaftergeschäftsführer er war. Er berücksichtigte auch, dass er – zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung – an seine GmbH Miete zahlen musste. Dabei legte er dem Mietvertrag eine Miete zugrunde, die sich aus dem Mietspiegel ableitete und damit regional marktüblich war.

Allerdings konnte die GmbH mit dieser Miete nicht die Kosten des Einfamilienhauses decken und erlitt einen Verlust. Der Betriebsprüfer erkannte die Verluste nicht an und setze eine verdeckte Gewinnausschüttung an, indem er nicht nur die Miete als Einnahme erfasste, sondern die Kosten zugrundelegte und darauf einen Gewinnaufschlag anwandte.

Gegen diese Vorgehensweise wandte sich die GmbH und argumentierte, dass auch ein fremder Geschäftsführer sich auf das Geschäft eingelassen hätte; denn es liege zwar ein Vermietungsverlust vor – durch die Investition in das Gebäude sei jedoch mit einer künftigen Wertsteigerung zu rechnen, wodurch das Gebäude mit Gewinn verkauft werden könnte. Insgesamt würde also aus der Immobilie ein Gewinn entstehen.

Das ließen die Richter jedoch nicht gelten. Nach ihrer Auffassung würde auch ein fremder Geschäftsführer darauf achten, dass im laufenden Betrieb eines Geschäfts ein Gewinn entstehe. Zudem könne von (anzuerkennenden) Anlaufverlusten keine Rede sein, da diese nur dann berücksichtigt werden könnten, wenn angemessen und erkennbar auf die Verlustsituation reagiert werde.

Hinweis: Dem Urteil ist zu entnehmen, dass der Betriebsprüfer im konkreten Fall eine sogenannte Kostenmiete zuzüglich eines Gewinnaufschlags von 5 % als angemessen betrachtet hätte.

Fahrgemeinschaften: Jedes Mitglied kann Entfernungspauschale abziehen

Die steigenden Immobilienpreise in den Ballungszentren verdrängen immer mehr Arbeitnehmer in das Umland, so dass sie täglich weite Fahrtstrecken zur Arbeit zurücklegen müssen. Wer sich einer Fahrgemeinschaft anschließt, profitiert gleich doppelt: Er spart nicht nur Benzinkosten, sondern kann obendrein noch die Entfernungspauschale als Werbungskosten absetzen. Für den Kostenabzug ist nach dem Einkommensteuergesetz unerheblich, ob der Arbeitnehmer selbst fährt oder sich im Auto eines anderen mitnehmen lässt. Jeder Teilnehmer einer Fahrgemeinschaft kann daher seine Entfernungsstrecke zur Arbeit mit 0,30 EUR pro Kilometer in der Einkommensteuererklärung abrechnen. Umwegfahrten zum Einsammeln von Mitfahrern dürfen allerdings nicht zusätzlich abgesetzt werden.

Ob man Fahrer oder Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft ist, spielt lediglich für den jährlich absetzbaren Maximalbetrag eine Rolle: Für Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer sich von einer Fahrgemeinschaft mitnehmen lässt, ist der Werbungskostenabzug auf maximal 4.500 EUR pro Jahr gedeckelt. Für Arbeitstage, an denen er selbst das Steuer in die Hand nimmt, gilt keine Höchstgrenze, so dass diese Fahrten unbegrenzt absetzbar sind.

Pro Arbeitstag ist die Entfernungspauschale immer nur für eine Fahrt abziehbar; bei einer Fünf-Tage-Woche eines Arbeitnehmers akzeptiert das Finanzamt in der Regel 220 bis 230 Fahrten pro Jahr.

Wer seine Pendelfahrten in der Einkommensteuererklärung geltend macht, sollte beachten, dass er nicht zwingend die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte erklären muss. Auch eine längere Fahrtstrecke wird vom Fiskus anerkannt, wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass diese Strecke offensichtlich verkehrsgünstiger ist und regelmäßig genutzt wurde.

Hinweis: Wer statt der kürzesten Straßenverbindung eine längere Strecke zur Arbeit fährt, sollte für den steuerlichen Kostenabzug eine gute Beweisvorsorge treffen. So empfiehlt es sich, beispielsweise Zeitungsartikel, Ausdrucke aus Routenplanern und Staumeldungen aufzubewahren, aus denen sich ergibt, dass auf der kürzesten Straßenverbindung regelmäßig Verkehrschaos herrschte.

Entfernungspauschale: Betriebliche Bildungseinrichtung ist regelmäßige Arbeitsstätte

Schon mehr als zwei Jahre ist es her, dass das Reisekostenrecht geändert worden ist – und noch immer werden Urteile zu den alten Regelungen gefällt. In zweierlei Hinsicht kann das für Sie auch heute noch interessant sein: Entweder Sie können noch eine Änderung für die Vergangenheit erreichen oder die Rechtsprechung wirkt sich auch auf das aktuelle Reisekostenrecht aus.

Eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ gibt es beispielsweise nicht mehr – heutzutage spricht das Gesetz (und das Finanzamt) stattdessen von der „ersten Tätigkeitsstätte“. Und Fahrtkosten zwischen dem Wohnort und der ersten Tätigkeitsstätte sind nur mit der sogenannten Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer (einfache Strecke) als Werbungskosten von der Einkommensteuer abziehbar.

Das ist allerdings nicht immer nachteilig zu sehen. Es kann beispielsweise dann von Vorteil sein, wenn die Bahn als Verkehrsmittel genutzt wird und die tatsächlichen Kosten hierfür wesentlich niedriger sind als die Entfernungspauschale. Würde man in einem solchen Fall eine Auswärtstätigkeit annehmen und die tatsächlichen Kosten ansetzen, müsste man als Arbeitnehmer höhere Steuern zahlen. Das wäre dann der Fall, wenn das Fahrtziel keine regelmäßige Arbeitsstätte (bzw. erste Tätigkeitsstätte) wäre.

Einen solchen Fall musste ein Bundeswehrsoldat ausfechten, der in Hamburg an der Universität der Bundeswehr studierte. Das Finanzamt wollte „nur“ seine tatsächlichen Kosten als Werbungskosten zum Abzug zulassen, der Soldat favorisierte jedoch die für ihn günstigere Entfernungspauschale. Das Finanzgericht Hamburg gab ihm letztendlich recht.

Denn der Soldat hatte gar keine Wahl: Der Studienort war seine regelmäßige Arbeitsstätte. Durch sein mehr als vierjähriges Studium war er dauerhaft in einer betrieblichen Bildungsstätte eingesetzt. Hierbei kam es auf das Wort „betrieblich“ an. Die Universität gehörte nämlich seinem Arbeitgeber – seinem Dienstherrn. Bei dem Besuch einer externen Bildungseinrichtung hätte es sich dagegen um eine Auswärtstätigkeit handeln können.

Auch nach der neuen Rechtslage kann eine betriebliche Bildungseinrichtung grundsätzlich eine erste Tätigkeitsstätte sein. In beiden Fällen – sowohl in der Vergangenheit als auch heute – ist dann zwingend die Entfernungspauschale anzusetzen