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Unrichtiger Umsatzsteuerausweis: Wann eine Abtretungserklärung als Rechnungskorrektur anzuerkennen ist

Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Umsatzsteuerbetrag offen ausgewiesen, als er nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) für diesen Umsatz schuldet, so schuldet er auch den ausgewiesenen Mehrbetrag.

Hinweis: Über diesen Grundsatz zum unrichtigen Steuerausweis will der Gesetzgeber eine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens verhindern, die sich aus dem Recht zum Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger ergeben kann.

Bei bestimmten Umsätzen (z.B. bei Bauleistungen) verlagert das UStG die Steuerschuldnerschaft vom leistenden Unternehmer auf den Empfänger der Leistung; der leistende Unternehmer muss in diesem Fall in seiner Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinweisen. Weist der leistende Unternehmer in einer solchen Rechnung gleichwohl die Umsatzsteuer offen aus, schuldet er diese nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls aufgrund des Grundsatzes zum unrichtigen Steuerausweis. Er kann diese Steuerschuld aber nachträglich abwenden, indem er dem Leistungsempfänger eine schriftlich berichtigte Rechnung zukommen lässt. Die Rückgabe der ursprünglichen Rechnung ist nicht erforderlich, auch muss das Korrekturschreiben keine zivilrechtlich richtige Rechnung sein – es genügt, wenn nur der Steuerbetrag berichtigt wird.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass eine wirksame Berichtigung des Steuerbetrags auch dann vorliegt, wenn der leistende Unternehmer in einer Abtretungsanzeige an das Finanzamt eine Abtretungserklärung abgibt, die

  • dem Leistungsempfänger zugeht,
  • spezifisch und eindeutig auf eine oder mehrere ursprüngliche Rechnungen bezogen ist und
  • deutlich macht, dass der leistende Unternehmer über seine Leistungen (statt wie bisher mit) ohne Umsatzsteuer abrechnen will.

EuGH-Vorlagen zum Vorsteuerabzug: Wann enthalten Rechnungen die vollständige Anschrift ?

Nach dem Unionsrecht ist der Empfänger einer Leistung nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er eine Rechnung mit der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers besitzt.

Die Umsatzsteuersenate des Bundesfinanzhofs (BFH) haben dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, wann eine solche vollständige Anschrift vorliegt. In der Sache geht es um die Frage, ob ein Vorsteuerabzug bereits dann eröffnet ist, wenn die angegebene Anschrift lediglich den Briefkastensitz des leistenden Unternehmers beschreibt oder ob nach dem Unionsrecht zu fordern ist, dass unter der Anschrift die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers entfaltet wird.

In den zugrundeliegenden Verfahren hatten zwei Autohändler einen Vorsteuerabzug aus Rechnungen begehrt, obwohl an den angegebenen Anschriften keinerlei geschäftliche Aktivitäten ihrer Geschäftspartner entfaltet worden waren.

Hinweis: Die Vorabentscheidungsersuchen sind nach Ansicht des BFH erforderlich, weil die EuGH-Rechtsprechung aus 2015 den Schluss zulässt, dass eine vollständige Anschrift auch dann vorliegt, wenn sie nicht den Ort der wirtschaftlichen Aktivitäten des leistenden Unternehmers beschreibt. Wäre dies der Fall, könnte ein Vorsteuerabzug also auch bei bloßer Angabe eines Briefkastensitzes eröffnet sein. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die Europarichter in dieser Frage positionieren werden.