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Erbschaftsteuerreform: Was passiert, wenn nichts passiert?

Am 17.12.2014 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die im Erbschaft und Schenkungsteuergesetz enthaltenen Verschonungsregelungen bei der Übertragung betrieblichen Vermögens gegen das Grundgesetz verstoßen. Das Gericht hatte dem Gesetzgeber zum einen eine Frist bis zum 30.06.2016 gesetzt, um eine Neuregelung zu finden. Zum anderen hatte es die bisher geltenden Regelungen bis zum Zeitpunkt einer Neuregelung für weiter anwendbar erklärt.

Nach langen Diskussionen hat der Bundestag am 24.06.2016 eine Gesetzesänderung verabschiedet. Diese wurde aber vom Bundesrat gestoppt und in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Wann dort eine Lösung gefunden wird, ist derzeit noch völlig offen. Die vom BVerfG gesetzte Frist ist jedenfalls abgelaufen.

Daher stellt sich vielen die Frage, welches Recht nun eigentlich gilt, bis eine gesetzliche Neuregelung gefunden ist. Hierzu hat das BVerfG – wie zuvor auch schon das Bundesfinanzministerium und die obersten Finanzbehörden der Länder – mitgeteilt, dass die für verfassungswidrig erklärten Vorschriften weiterhin anzuwenden sind. Außerdem hat es angekündigt, dass es sich, da die geforderte Gesetzesänderung immer noch nicht vorliegt, Ende September erneut mit dem Verfahren beschäftigen wird.

Ganz praktisch stellt sich außerdem die Frage, ob die im Vermittlungsausschuss zu erarbeitende Neuregelung rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten wird oder nicht. Sie beschäftigt vor allem diejenigen, die im Zeitraum vom 01.07.2016 bis zur Verkündung der Neuregelung eine Betriebsübergabe planen. Leider müssen diese Personen derzeit mit der Ungewissheit darüber leben, welche Verschonungsregelungen für ihre Übergabe anzuwenden sein werden.

Erbschaft eines Familienheims: Nachversteuerung auch bei Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt

Erben Sie das elterliche Wohnhaus, können Sie den Wert desselben komplett von der Erbschaftsteuer verschonen. Dazu müssen Sie unmittelbar nach dem Erbfall in das Haus einziehen, dieses selbst nutzen und damit zu Ihrem eigenen Familienheim machen. Des weiteren müssen Sie das Familienheim mindestens zehn Jahre lang als ein solches nutzen – andernfalls entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend.

Was der Gesetzgeber mit dieser Befreiungsvorschrift bezweckt, hat kürzlich das Finanzgericht Hessen (FG) erläutert. Der Zweck der Vorschrift ist nämlich nicht nur die Nutzung als Familienheim. Vielmehr existiert eine weitere „versteckte“ Bedingung, deren Nichterfüllung im Urteilsfall zur Nachversteuerung der Erbschaft führte.

Hier hatte der Erbe drei Jahre nach der Erbschaft das Familienheim auf seine Kinder übertragen, es jedoch weiterhin selbst genutzt. Dazu hatte er für sich einen Nießbrauchsvorbehalt bestellen lassen und für seine Frau ein lebenslanges Wohnrecht.

Dadurch waren nach Ansicht des FG die Bedingungen der Steuerfreiheit jedoch nicht mehr erfüllt. Zwar nutzte der Erbe das Haus noch als Familienheim, das Vermögen gehörte inzwischen jedoch seinen Kindern. Und hier lag der Knackpunkt: Der Gesetzgeber will mit der Steuerbefreiungsvorschrift verhindern, dass ein Familienheim möglicherweise veräußert werden muss, um die Erbschaftsteuer begleichen zu können. Mit dieser Regelung soll also vorrangig das Vermögen geschützt werden.

Durch die Übertragung des Familienheims war das Vermögen im Streitfall nicht mehr beim Erben. Dass die eigenen Kinder die neuen Eigentümer waren, spielte hierbei keine Rolle. Die versteckte Bedingung der Steuerbefreiungsvorschrift entpuppte sich als Falle für den Erben.

Hinweis: Die Befreiungsvorschrift wird teilweise auch anders interpretiert, das vorgestellte Urteil ist jedoch rechtskräftig.